ELEMENTS
Me/n/tales Wasser vom Axel Becker

Wasser als kontinuierliche Repetitio symbolisiert vom Wesen her den Lebenszyklus. Von lebendigen Quellen bis zum Bach und Fluss, vom Meer und Ozean bis zum Himmel und vom Himmel wieder zurück auf die Erde. Es kommt als der Regen oder der Schnee, als der Tau oder die Träne vor, und warum nicht, sein Zyklus von der Flüssigkeit über dem Dampf bis zum festen Zustand durchlaufend. Dieser Kreislauf des Wassers erinnert an den Mythos von der ständigen Erneuerung, immer in einem neuen Gewand, dabei auch die Grundregel der Metamorphose belegend. Es ist ein Sinnesorgan der Erde, dank des Wassers erhält sie ihre Sensibilität und Rezeptivität und formt so die Fläche unseres Planeten. Die Erddrehung und Mondbewegung um die Erde veranlassen aufregende Vermengung der Flüsse, Meere und Ozeane als ein ununterbrochener, lebhafter und nicht einfangender Rhythmus der Gewässer. Deswegen haben Flüsse, Meere und urtümliche Gewässer große Zivilisationen der uralten Welt hervorgebracht. Das waren die Flüsse der Entwicklung der Zivilisationen, aber auch Flüsse der Rettung, denen die Opfer im Namen des gleichen Glaubens an ihre himmlische und göttliche Herkunft dargebracht wurden. Da das Wasser ein ursprüngliches Element und Hauptgrundsatz des Lebens auf Erden ist, geht es in allen Mythen der Welt über die Entstehung um die Einteilung der Wässer in die Wässer oben als himmlische Wässer und Wässer unten als Erdwässer, aus denen nach anfänglicher Sintflut oder dem Chaos Flüsse und Meere entstanden sind. In diesen Mythen über die Entstehung und Kosmogonien stellt das Wasser das Element des Chaos dar –d.h. eines undifferenzierten Lebens, oder aller möglichen Lebensformen, von denen jenes Leben entstanden ist, das wir heute kennen. Es ist gleichzeitig ein Symbol der Befruchtung, des Segens, der Bereinigung /Taufe/, der Weisheit, Ewigkeit, der unendlichen und ewigen Liebe. Das Wasser ist es, das wäscht, lindert, heilt, bringt Segen, weiht und deifiziert. Egal ob himmlisches oder irdisches, es ist immer das Wasser des Lebens, in das der Mensch eintaucht, um zur Welt zu kommen und neues Leben eingehaucht zu bekommen. Dieser Vorstellung, tief verwurzelt bei allen Völkern, wurde ein besonderer Platz sowohl im Alten als auch im Neuen Testament geschenkt und es gilt, sie in Ehren zu halten und sorgfältig zu bewahren. Aber wie und auf welche Weise Axel Becker diese zauberhafte, mächtigeund nicht einfangende Physis des Wassers, ein von ihrer fünf Elementen, die den Sukkus seines künstlerischen Engagements ausmachen, bildnerisch impostiert und als Metaphysis weitergibt? Obwohl er keiner hochgebildeten Künstlerfamilie sondern jenem äußerst exakten Geschäftsmilieu der Finanzwirtschaft entstammt, ist ihm von klein auf die Sprache der Malerei nicht fremd. Es ist auch der Verdienst seines Vaters, der Maler ist, jedoch auch seiner Sinnlichkeit, die dauernd auch in jenes andere, unsichtbare Bild von Wirklichkeit hineinschaut. Daher überbrückt Axel Becker diese seine gestalterische Transposition und Transkription vom

Realen über dem Imaginären bis zum Materiellen durch die Anwendung des Postulats der Permissivität, was uns die prachtvolle Postmoderne als Geschenk gegeben hat. Denn als überzeugender Kenner und Sammler der Gegenwarts- kunst weiß Axel Becker, dass das Bild notwendigerweise kein Bild sein soll, dass das Bild als ein verfärbter Untergrund legitim als ein Metallrelief erscheinen kann, das dies aber nicht ist, oder als Miniatur-Skulpturen, die dies eigentlich nicht sind, ohne dass die Kredibilität dieses Ensembles in Frage gestellt wird. Im Endeffekt schafft er seine thematischen Zyklen auf den Prinzipien der Negation, Appropriation und Transformation, also den ziemlich komplexen Postulaten, die dank der Vorzüge seines sowohl menschlichen als auch künstlerischen Habitus umgesetzt werden können. Wenn ich Negationen sage, dann denke ich an das physische Geschenk der Natur, aber auch an das physische nicht Einfangen des Wassers, das der Autor visuell kaptiert /Ergreifung/, um dann den Weg des Wassers in seiner bedingungslosen Freiheit auf eine imaginäre und assoziative Weise der silbernen Widerscheine /Umwandlung/ im Flüssigmetall fortzusetzen. Der Effekt dieser kompositen Bildobjekte ist auf der einen Seite visuell interessant, während er auf der anderen Seite sicherlich die weitere Elaboration mit weniger Design- und dekorativen Elementen erfordert. Dies kündigt pro futuro wahrscheinlich die Entdeckung eines Freiheitsraumes an, weg von rigide aufgedrängten Zwängen der Exaktheit und ausschließlich zentralen Impostierung. Folglich ist anzunehmen, dass der Autor den Modus operandi entwickeln wird, sogar um den Preis der Freisetzung der Materialität, beziehungsweise sich der Verselbstständigung sowohl der Reliefs als auch der selbststehenden Objekte, hier der Metallreliefs und Skulpturen anschließen wird. Und ich kann mir dies sehr wohl vorstellen! Axel Becker verfügt nämlich über alle Voraussetzungen, vom Globalwissen bis zur technischen Ausbildung, von der Präzision und Preziosität bei der Ausführung seiner Werke bis zu seiner maximalen Verantwortung. Dabei bestimmt Aikido, die edle Kampfkunst, noch einmal sein Naturell, aber auch seine Schaffensart. Diese paradoxe Kampffertigkeit, bei der es keinen Gewinner und keinen Verlierer gibt, enthält eine bedeutende geistige Komponente, bei der der Weg und das Ziel gleichermaßen wichtig sind. Auf diesem Weg effektiv, stark, gewaltfrei und harmonisch im Einklang mit sich selbst und mit anderen zu sein, das ist die dauerhafte Lebensaufgabe eines jeden Menschen, der diese Disziplin wahrhaft ehrt und sie praktiziert. Wenn der Autor mit Hilfe aller Werkzeuge, die er besitzt, den technizistischen und perfektionistischen Habitus seines Schaffens erreicht hat, dann bin ich davon überzeugt, dass wir in eine neue Zeit des Herausgehens aus der Materie selbst bis in die spirituelle Reinheit aufbrechen. Und zwar die Zeit, in der die Farbe, falls er sie braucht, nicht nur eine passive Fläche ergeben wird, sondern zu atmen beginnen und zum Raum der Seele wird, in den man hineingeht und frei herausgeht, während künftige Reliefs und Skulpturen, vom aufgedrängten Zwang befreit, ein autonomes Leben der nicht Untergeordneten weiterführen werden. Für jetzt ist dies die Zeit der Wässer von Axel Becker.

Gorka Ostojić Cvajner